Propylenglycol

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1,2-Propandiol (1,2-Propylenglycol), auch bekannt als Propylenglykol, ist eine klare, farblose, nahezu geruchlose und stark hygroskopische Flüssigkeit. 1,2-Propandiol gehört zu den mehrwertigen Alkanolen und ist an C2 chiral, es gibt also ein (R)-Enantiomer und ein (S)-Enantiomer. Wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, beziehen sich in diesem Artikel alle Angaben auf das 1:1-Gemisch (Racemat) des (R)-Enantiomers und des (S)-Enantiomers.

Strukturformel Propylenglycol
Strukturformel Propylenglycol

Herstellung

Industriell wird 1,2-Propandiol durch Hydrolyse von Propylenoxid hergestellt. Abhängig vom Hersteller wird dafür entweder ein Hochtemperaturverfahren ohne Katalyse bei 200–220 °C oder ein katalytisches Verfahren bei 150–180 °C in Gegenwart eines Ionenaustauscherharzes oder kleiner Mengen Schwefelsäure oder Alkalien genutzt. Die Endprodukte dieser Verfahren enthalten 20 % 1,2-Propandiol (das durch Rektifikation gereinigt wird), 1,5 % Dipropylenglycol und kleinere Mengen anderer Polypropylenglycole.[1]

Datei:Propandiol Synthesis V1.png

2007 betrug die weltweite Produktionskapazität 1.400.000 jato.[2] Im April 2015 nahm Dow Chemical eine 200.000 jato-Anlage bei Rayong in Thailand in Betrieb.[3]

Enantiomerenreines (S)-(+)-1,2-Propandiol ist durch Abbaureaktion von D-Mannitol zugänglich.[4]

Eigenschaften

Propylenglycol ist mit Wasser und polaren organischen Lösemitteln mischbar. Bei hohen Temperaturen oberhalb 150 °C ist es oxidationsempfindlich. Es bildet mit Toluol und Xylol Azeotrope, nicht dagegen mit Wasser.[5]

Aufgrund seiner hygroskopischen Eigenschaften wirken Aerosole von Propylenglykol in der Luft als Kondensationskeime für Nebeltröpfchen aus der umgebenden Luftfeuchtigkeit.

Sicherheitstechnische Kenngrößen

1,2-Propandiol hat einen Flammpunkt bei 101 °C.[6] Die Verbindung bildet somit erst oberhalb dieser Temperatur entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Der Explosionsbereich liegt zwischen 2,6 Vol.‑% (80 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 12,6 Vol.‑% (400 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[6] Die Zündtemperatur beträgt 260 °C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T3.


Gesundheitsrisiken

Es sind nach jahrzehntelanger Verwendung keine gravierenden Gesundheitsgefahren bekannt geworden.

Die akute[7] und chronische bzw. subchronische Toxizität[8] können als äußerst gering angesehen werden. Hinweise für carcinogene, mutagene oder reproduktionstoxische Eigenschaften konnten nicht gefunden werden.

Der Stoff besitzt offensichtlich keine hautreizenden und lediglich sehr geringe augenreizende Eigenschaften.[9]

Nach einer häufig angeführten Studie wurden bei der Inhalation von Nebeln aus 1,2-Propandiol vereinzelt Reizungen von Augen und Rachen beobachtet.[10]

Bei der ECHA wird seit März 2016 geprüft, ob diese Effekte für eine Kennzeichnung gemäß Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) für Gefahrenklasse Spezifische_Zielorgan-Toxizität einmalige_Exposition ausreichen.[11] Im Dezember 2016 entschied das Risikobewertungskomittee der ECHA, dass diese Effekte nicht für eine Einstufung ausreichen.[12]

Ein vereinzeltes Auftreten allergischer Reaktionen gilt als gesichert. Der Auslösemechanismus wurde jedoch nicht geklärt. Dabei kommen als mögliche Auslöser die beiden Enantiomere oder mögliche Verunreinigungen (Propylenoxid, 1,3-Propandiol) in Frage.

Verwendung

1,2-Propandiol wird wegen seiner lösenden und emulgierenden Eigenschaften unter anderem als Trägerstoff und Trägerlösungsmittel für Farbstoffe, Antioxidationsmittel, Emulgatoren und Enzyme verwendet.

Neben Wasser und Glycerin sorgt Propylenglykol als Bestandteil von Nebelfluiden für den gewünschten dichten Nebel.

Lebensmittelzusatzstoff

1,2-Propandiol ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff für Kaugummis und Nahrungsergänzungsmittel in Form von Kapseln oder Tabletten zugelassen und trägt die Bezeichnung E 1520.

Bei der Zubereitung von Lebensmittelaromen wird Propylenglykol als Trägerstoff verwendet.

Kosmetik & Hygiene

1,2-Propandiol ist in Kosmetikprodukten wie Hautcremes, Zahnpasta, Mundwässern und Deos als Feuchthaltemittel enthalten. Der Stoff kommt als Kotensid in Mehrkomponentensystemen zur Anwendung und fördert die Bildung von Wasser-in-Öl-Emulsionen. Darüber hinaus kann es häufig zu einer deutlichen Resorptionsverbesserung verschiedener Wirkstoffe beitragen. Die antimikrobielle Wirksamkeit macht einen Einsatz weiterer Konservierungsmittel häufig überflüssig.

Wärmeträger

1,2-Propandiol ist wie Ethylenglycol als Wärmeträgermedium in der Solarthermie geeignet. Bei Verwendung als Kühlflüssigkeit schwankt die Wärmekapazität je nach Wasserzusatz von 2,5 bis 4,2 kJ/(kg·K) für reines Wasser. Ein 50/50-Gemisch friert bei −35 °C, siedet bei 104 °C und erreicht eine Wärmekapazität von 3,5 kJ/(kg·K).[13] Bei Einsatz in Kühlanlagen der Lebensmittelverarbeitung ist wegen der Ungiftigkeit ausschließlich Propylenglycol zulässig.

Tabak und elektrische Zigaretten

1,2-Propandiol ist in fast allen Tabakprodukten als Zusatzstoff enthalten.[14] Propandiol wird zusammen mit Glycerin sowohl dem Zigarettentabak als auch dem Wasserpfeifentabak zugesetzt. Durch die Tabakverordnung wurde der Feuchthaltemittelgehalt im Rauchtabak auf 5 % begrenzt. Eine Presseerklärung des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt vor möglichen Gesundheitsgefahren, welche sich durch die Aufnahme dieser Stoffe mit dem Tabakrauch bei Wasserpfeifen ergeben könnten.[15] Direkte Verweise auf belastbare Studien finden sich in der wissenschaftlichen Veröffentlichung des BfR.[16]

Propylenglykol findet neben Glycerin Verwendung als Hauptbestandteil in Liquiden von E-Dampfgeräten.

Daneben wird Propandiol in wässriger Lösung in den Befeuchtungssystemen von Humidoren verwendet (relative Luftfeuchte über 70 %).

Propandiol-Einsatz in der Milchviehfütterung

Seit einiger Zeit wird 1,2-Propandiol auch als Futterzusatz für Milchkühe verwendet. Durch die immer weiter steigende Milchleistung der Kühe, die mittlerweile bei Hochleistungsmilchkühen um etwa 50 Liter/Tag liegt, kommt es immer häufiger zu einem Nachlassen der Milchleistung nach dem Kalben. Insbesondere in der sogenannten Transitphase, den beiden Wochen vor dem Kalben, und in der ersten Laktationsphase hat sich im Rahmen geeigneter Fütterungsstrategien und Futterrationen die zusätzliche Verabreichung von 1,2-Propandiol zur Vorbeugung gegen Ketose sowie zur Leistungsstabilisierung bewährt.[17]

Alternativ darf auch 1,2,3-Propantriol (Glycerin) verfüttert werden. Es handelt sich hierbei um eine undestillierte Rohproduktqualität aus der Fettsäure-Herstellung durch Verseifung.

Einsatz in der Medizin

In der Veterinärmedizin wird Propylenglycol (meist in 50%iger Verdünnung) bei übermäßigen Verhornungen der Haut eingesetzt.[18] Zudem wird es als Trägerstoff für Arzneistoffe (z. B. Ivermectin) eingesetzt.

Einzelnachweise

  1. chemindustry.ru: 1,2-propanediol: chemical product info, Zugriff am 4. April 2011.
  2. WIESMANN, M.: „Propylenglykol – Ashland und Cargill bilden Joint Venture“, Vogel-Media, Process 18. Mai 2007.
  3. Dow eyes continued growth with second petrochemical plant
  4. Richard Kuhn, Kichang Kum: Über die absolute Konfiguration des Sorbinöls. In: Chemische Berichte. 95, 1962, S. 2009–2011.
  5. BASF – 1,2-Propandiol USP (Produktbeschreibung Pharmaqualität), Daten entnommen aus: Horsley, L.H. „Azeotropic Data III“, Advances in Chemistry Series, Nr. 116, ACS, Washington, D.C., 1973.
  6. 6,0 6,1 E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
  7. Clark, et al. Toxicological assessment of heat transfer fluids proposed for use in solar energy applications. Toxicol Appl Pharmac, 51, 529–535., 1979; zitiert in: Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) "Screening Information Data Set for High Production Volume Chemicals (SIDS)", http://www.inchem.org/pages/sids.html.
  8. Gaunt, IF, Carpanini, FMB, Grasso, P and Lansdown, ABG, Long- term toxicity of propylene glycol in rats. Fd Cosmet Toxicol, 10, 151–162, 1972; zitiert in: Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) "Screening Information Data Set for High Production Volume Chemicals (SIDS)", http://www.inchem.org/pages/sids.html.
  9. Murman, Prüfung der akuten Augen- und Schleimhautreizwirkung von 1,2- Propylenglykol. Huels study no 0212, 1984; Murman, Prüfung der akuten Hauttreizwirkung von 1,2- Propylenglykol. Huels study no 021184. 1984; Clark, et al. Toxicological assessment of heat transfer fluids proposed for use in solar energy applications. Toxicol Appl Pharmac, 51, 529–535., 1979; zitiert in: Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) "Screening Information Data Set for High Production Volume Chemicals (SIDS)", http://www.inchem.org/pages/sids.html.
  10. G. Wieslander: Experimental exposure to propylene glycol mist in aviation emergency training: acute ocular and respiratory effects In: Occup Environ Med. 58(10), S. 649–655 (2001) PMID 11555686.
  11. Vorschlag zur Kennzeichnung von Propandiol auf der Webseite der ECHA, abgerufen am 25. April 2016.
  12. Anhang zur ECHA-Mitteilung von 13. Dezember 2016, abgerufen am 14. Dezember 2016.
  13. Fa. Clariant – 1,2-Propylenglycol/Wasser als Wärmeträger
  14. Webseite des BMEL: Was steckt in meiner Zigarette wirklich drin?, Zugriff am 25. Mai 2016.
  15. BfR: Feuchthaltemittel in Wasserpfeifentabak erhöhen das gesundheitliche Risiko, Pressemitteilung vom 3. August 2011.
  16. Jens Schubert, Jürgen Hahn, Gerhard Dettbarn, Albrecht Seidel, Andreas Luch, Thomas G. Schulz: Mainstream Smoke of the Waterpipe: Does this Environmental Matrix Reveal as Significant Source of Toxic Compounds. In: Toxicology Letters. 205, 2011, S. 279–284.
  17. Annette Menke: Milchleistungsfutter im Test, 11. Juli 2005.
  18. Ch. Noli und F. Scarampella: Hyperkeratose der Ballen. In: Praktische Dermatologie bei Hund und Katze. Schlütersche Verlagsanstalt, 2. Aufl. 2005. ISBN 3-87706-713-1, S. 328.

Weblinks

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